Wie es sich gehört: Ein Kompromiss, mit dem beide Seiten unzufrieden sind

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Hot Topic ÖSTERREICH: Ron Slomovits veröffentlicht in Der Standard 14. Mai 2016, Seite 38

„Kein Vormarsch ist so schwer wie der zurück zur Vernunft“ (Bertolt Brecht). Doch eben diesen Vormarsch haben Vertreter der Republik und Kärntens gemeinsam mit Vertretern der Gläubigergruppen beschritten, wie kürzlich bekannt wurde. Bereits im Jänner 2016 zeichnete sich ein Umstand ab, dass beide Streitparteien gut beraten wären, die Verhandlungen fortzuführen und nicht auf eine ungeordnete Insolvenz zuzusteuern. Vor allem die Republik gemeinsam mit Kärnten und den restlichen Bundesländern konnte kein ernsthaftes Interesse an einer ungeordneten Insolvenz Kärntens haben.

Wir erinnern uns an doch recht provokative Aussagen der Gläubigervertreter bezüglich der Verpfändung des Kärntner Landesvermögens. Doch auch die Gläubiger rund um Ad-hoc-Gruppe (rund EUR 2,5 Mrd.) und Par-Gläubigerpool (rund EUR 1,5 Mrd.) konnten kein ernsthaftes Interesse an jahrzehntelange Rechtsstreitigkeiten mit ungewissem Ausgang haben. Gewinner wären auf beiden Seiten Wirtschaftsanwälte gewesen.

Es wurde hoch gepokert, und zwar von beiden Seiten. Die Frage, die wohl ungeklärt bleibt, ist, wer mehr zu verlieren hatte. Die Republik Österreich, die riskiert hat, dass sämtliche Bundesländer für Jahre von den internationalen Kapitalmärkten abgeschnitten sind und somit auf Finanzierungen der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) angewiesen wären. Oder eben die Gläubiger, die mit ihrer Strategie jahrzehntelange Rechtsstreitigkeiten riskiert haben die wohl mehr Geld verschlungen hätten, als lieb und recht wären.

Wenngleich die große Solidarität unter den Bundesländern mit Kärnten und Bund ausblieb, bringt der kolportierte Kompromiss zumindest ein Stück Vertrauen in den österreichischen Finanzplatz zurück. Insbesondere Deutsche Investoren werden nun wohl wieder offener bezüglich sogenannter Alpenbonds sein, was Österreich wieder ein Stück in die Manege der internationalen Finanzmärkte rückt. Der Ruf österreichischer Bonität scheint international also wieder etwas gestärkt zu sein.

Demzufolge ist die Einigung bei einer Quote von 90 der ausstehenden landesgarantierten Nominale wohl ein Kompromiss mit dem beide Seiten unzufrieden sein können.

Genau wie es sich für einen guten Kompromiss gehört!

 

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