Hot Topic ÖSTERREICH: Ron Slomovits veröffentlicht in Wirtschaftsblatt 10. Juni 2016, Seite 26
Das Insolvenzrecht für Bundesländer wäre ein guter Anlass für die Regierung die Föderalismusdebatte voranzutreiben und die verhärteten Fronten aufzuweichen.
Nachdem Vertreter der Republik und Kärntens gemeinsam mit Vertretern der Gläubigergruppen einen Vormarsch beschritten haben, der beide vor jahrelangen Unsicherheiten bewahrt hat, wäre es für die neue Konstellation der Bundesregierung nun vernünftig über ein Insolvenzrecht für Bundesländer nachzudenken. Teil des von Bundeskanzler Kern initiierten „New Deal“ wird wohl auch sein die Fronten zwischen Bundesländer und Republik aufzuweichen um echte Reformen voranzubringen. Viele der verschleppten Reformen sind am Föderalismus, oder negativ ausgedrückt an der Macht der Bundesländer, gescheitert. Das nun seit geraumer Zeit diskutierte Insolvenzrecht für Bundesländer wäre für beide Fronten eine Gelegenheit sich näher zu kommen, einander Zugeständnisse zu machen.
Die neu geschaffene Bankenunion sollte zwar verhindern, dass marode Banken mit Steuergeld aufgefangen werden. Doch selbst die Bankenunion sieht blass aus wenn Garantien eines Bundeslandes für eine solche Bank bestehen. In dem Fall Kärntens nämlich, wäre das Bundesland aufgrund der exorbitant hohen Landesgarantien selbst in die Insolvenz geschlittert. Doch so weit ist es in Österreich nicht gekommen.
Wie kürzlich bekannt wurde einigten sich Gläubigervertreter der Heta mit Vertretern der Republik und Kärnten auf ein Memorandum of Understanding, mit dem Ziel die ausstehende landesgarantierte Nominale mit einer Quote von 90 abzugelten.
Kein Anlassgesetz
Die kolportierte Einigung, so sie tatsächlich zur Stande kommt, eröffnet der Republik nun die Chance einen weiteren Schritt zu setzen, nämlich ein Insolvenzrecht für Bundesländer zu schaffen ohne sich den Vorwurf der Anlassgesetzgebung gefallen lassen zu müssen. Somit stellt die Bundesregierung Handlungsfähigkeit unter Beweis und zeigt, dass auch die Politik aus Fehlern lernt. Der Fall Hypo Alpe Adria/Heta ist wohl aus einigen Perspektiven kein gelungener Fall von Management. Aber viel wichtiger als die Vergangenheit zu beleuchten ist es für die Zukunft zu lernen.
Doch was lässt sich aus dem Heta-Krimi der vergangen Jahre ableiten, oder gar lernen? Bereits im Jänner 2016 zeichnete sich ein Umstand ab, dass beide Streitparteien gut beraten wären, die Verhandlungen fortzuführen und nicht auf eine ungeordnete Insolvenz zuzusteuern. Vor allem die Republik gemeinsam mit Kärnten und den restlichen Bundesländern konnte kein ernsthaftes Interesse an einer ungeordneten Insolvenz Kärntens haben.
Vertrauen kommt zurück
Wir erinnern uns an doch recht provokative Aussagen der Gläubigervertreter bezüglich der Verpfändung des Kärntner Landesvermögens. Doch auch die Gläubiger rund um Ad-hoc-Gruppe (rund EUR 2,5 Mrd.) und Par-Gläubigerpool (rund EUR 1,5 Mrd.) konnten kein ernsthaftes Interesse an jahrzehntelange Rechtsstreitigkeiten mit ungewissem Ausgang haben. Gewinner wären auf beiden Seiten Wirtschaftsanwälte gewesen.
Es wurde hoch gepokert, und zwar von beiden Seiten. Die Frage, die wohl ungeklärt bleibt, ist, wer mehr zu verlieren hatte. Die Republik Österreich, die riskiert hat, dass sämtliche Bundesländer für Jahre von den internationalen Kapitalmärkten abgeschnitten sind und somit auf Finanzierungen der Österreichischen Bundesfinanzierungsagentur (ÖBFA) angewiesen wären. Oder eben die Gläubiger, die mit ihrer Strategie jahrzehntelange Rechtsstreitigkeiten riskiert haben die wohl mehr Geld verschlungen hätten, als lieb und recht wären. Wenngleich die große Solidarität unter den Bundesländern mit Kärnten und Bund ausblieb, bringt der kolportierte Kompromiss zumindest ein Stück Vertrauen in den österreichischen Finanzplatz zurück.
Demzufolge ist die Einigung bei einer Quote von 90 der ausstehenden landesgarantierten Nominale wohl ein Kompromiss mit dem beide Seiten unzufrieden sein können. Genau wie es sich für einen guten Kompromiss gehört!
Und jeder gute Kompromiss sollte weitreichendere Folgen haben als die bloße Lösung eines akuten Problems. Der Bundesregierung bleibt zu wünschen die Gesetzgebung der Realität der internationalen Kapitalmärkte anazupassen, und den „New Deal“ gemeinsam und auf Augenhöhe mit den Bundesländern anzupacken.
Internationalen Kapitalmarktteilnehmern bleibt zu wünschen nicht blind auf Landesgarantien zu vertrauen, sondern Investitionsentscheidungen primär auf Fundamentalanalyse zu basieren. Da wäre wohl rasch klar geworden, dass ein Bundesland selbst bei größten Anstrengungen nicht ein Vielfaches seines Landesbudgets für seine Bank aufwenden kann, und vor allem will.
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