Interview im Fundplat: Ron Slomovits über Ratingagenturen und warum das Verständnis derer Methodologien wichtig ist, um Ratings im Detail nachvollziehen zu können. Außerdem, wie agieren Regulierungsbehörden im heutigen Umfeld nach der globalen Finanzkrise und wie sind Ratingagenturen davon betroffen.
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Veröffentlicht im Fundplat, 19. Jänner 2018
Herr Mag. Slomovits, was macht Ihr Unternehmen genau?
Rating Advisory unterstützt Emittenten dabei, ihre externen Ratings bei den internationalen Ratingagenturen zu verbessern. Hierfür ist es wichtig, sich in die Situation der Ratinganalysten hinzuversetzten, die die veröffentlichten Ratingmethodologien der jeweiligen Agentur genauestens anwenden sollten. Oft kommt es nämlich vor, dass Ratingagenturen den einen oder anderen Umstand übermässig konservativ bewerten, wobei eine etwas positivere Sichtweise bereits den gesamten Ratingfaktor verbessern könnte und somit ein Upgrade herbeiführen kann. Rating Advisory analysiert für Kunden, welche Faktoren und andere Parameter hierfür zu dem spezifischen Zeitpunkt kritisch sind und bereitet die Unterlagen dahingehend auf, eine positive Sichtweise der Agentur zu erlangen.
Die grossen Ratingagenturen mussten in der Finanzkrise heftige Kritik einstecken. Wie sieht das Umfeld heute aus?
Heute sind Ratingagenturen – in Europa insbesondere von der ESMA (European Securities and Markets Authority) – sehr stark reguliert. Die Unternehmen müssen eine Fülle von Regulatorien erfüllen, um den Aufsichtsbehörden Rechnung zu tragen. Dies hat insbesondere sehr stark nach der letzten Finanzkrise begonnen, als sich die ESMA zum Ziel gesetzt hat, Ratingagenturen an die kürzere Leine zu nehmen. Gleichzeitig war es aber auch das Ziel, den Markt für weitere Anbieter zu öffnen, um das Oligopol der drei grossen Ratingagenturen zu brechen. Nicht ganz zielgerichtet hat die verstärkte Regulierung allerdings zu dem Ergebnis geführt, dass es kleinere Anbieter aufgrund der stark gestiegenen Overhead-Kosten weitaus schwerer haben die Anforderungen zu erfüllen, was die Marktstellung der grossen Tankern Standard & Poor‘s, Fitch und Moody’s einzementiert hat. Die verstärkten Regulierungsmassnahmen haben ungewollt also dazu geführt, die Markteintrittsbarrieren signifikant zu erhöhen. Allerdings waren viele Regelungen auch sinnvoll, wie zum Beispiel, dass Rating-Methodologien detaillierter veröffentlicht werden müssen und von den Aufsichtsbehörden genauer untersucht werden. Die Einhaltung dieser Ratingkriterien und die publizierte Argumentation für viele Ratings lässt häufig allerdings zu wünschen übrig.
Zurück zu Ihrem Geschäft: Wer sind Ihre Kunden? Und warum haben diese Sie gewählt?
Rating-Advisory-Kunden sind in der Regel Banken, Versicherungen, Gebietskörperschaften und Fondsanbieter, die grossen Wert darauf legen, dass ihr Kredit-Rating akkurat ist und sich mit den veröffentlichten Rating-Methodologien deckt. Oft ist es für die Kunden von Rating Advisory der Blick zur Vergleichsgruppe, der Fragen aufkommen lässt, wie beispielsweise: Wieso sind wir bei XY nicht besser bewertet als ABC? Oftmals werden solche sehr konkreten Fragen zur Vergleichsgruppe von den Ratingagenturen nur sehr vage bis gar nicht beantwortet. Häufig lassen sich Emittenten auch mit sehr generellen Aussagen seitens Ratinganalysten abspeisen, was dazu führt, dass eine konstruktive Diskussion abgewürgt wird, dies ist natürlich im Interesse der Agenturen! Die Aufgabe von Rating Advisory ist es, die Ratingagenturen zum richtigen Zeitpunkt mit den relevanten Fakten zu konfrontieren.
Sind Ihre Dienstleistungen nebst Österreich auch in der Schweiz und in Deutschland in vollem Umfang abrufbar?
Dadurch, dass die Rating-Methodologien für Banken, Versicherungen, Gebietskörperschaften und Fonds international sind, bestehen ebenfalls für Rating Advisory keine Grenzen für die Beratungsdienstleistung. Das Know-how über die Arbeitsweise von Ratingagenturen ist nebst Österreich auch in vollem Umfang in der Schweiz und Deutschland abrufbar.
Für Fondsgesellschaften sind gute Ratings beispielsweise von Lipper, Morningstar und Sauren wertvoll. Können Sie da auch helfen?
Selbstverständlich. Fonds-Ratings basieren auf klaren Methodologien der einzelnen Ratingagenturen, wobei beispielsweise Morningstar gerade auf dieses Segment spezialisiert ist. Oftmals sind sich Morningstar und Standard & Poor‘s einig, was die Bewertung eines Fonds angeht, trotz allem kommen unterschiedliche Methodologien und Ratingfaktoren zum Einsatz. Strategisch ist es für einen Fonds zu allererst sehr wichtig zu definieren, auf welchen der verschiedenen Fonds-Rating-Anbieter am meisten Wert gelegt wird. In einem zweiten Schritt ist die angewandte Rating-Methodologie inklusive der quantitativen und vergangenheitsgerichteten Performance sowie qualitativer und zukunftsgerichteter Ratingfaktoren auschlaggebend. Bei der quantitativen Bewertung kommen klare Modelle, die unter anderem auf Sharpe-Ratio und statistischen Modellen basieren, zum Einsatz, deren Auswirkungen auf das Rating sich – bei Kenntnis der Methodolgien – im Vorhinein berechnen lassen. Bei der qualitativen Analyse geht es darum, den Bonitätsbewertern möglichst akkurate Informationen beispielsweise zum gesamten Team zur Verfügung zu stellen, inklusive der jeweiligen Fondsmanager-Strategien während und nach der Finanzkrise von 2008. Ebenso wie professionelle Investoren analysieren auch Ratingagenturen zukünftige Szenarien, um sich eben nicht lediglich auf vergangene Daten zu stützen. In diesem Zusammenhang sprechen Fonds-Manager sehr oft von dem Rückspiegel im Auto, der ja auch nicht dazu dient, einen Crash zu verhindern, auch wenn der Blick nach hinten gelegentlich sehr nützlich ist.
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